Felix Stöckle: «be fragile be strong»
Graphic Design: Raphael Wicki
Colts wie Koteletts tanzen im sonnenwarmen Gelb. Pistolen tanzen mit. Majuskeln umrunden sie. Aufgeblähten Muskeln gleich und doch weich formulieren sie eine Werbeslogan-Parodie: «be fragile be strong». Felix Stöckle hat die Faust-feuerwaffen nachempfundenen Objekte für das Kunstblatt frei aus der Erinnerung in Lehm geschaffen, sie mit Ritzzeichnungen auf der noch weichen Oberfläche verziert und sachte mit Glasur bemalt. Beim Brennen im Keramikofen wurden sie hart, aber auch zerbrechlich. Seine weitläufige Serie von Waffen in bewährtem Handwerk bekommt Fortsetzung und Verbreitung.
Ist Felix Stöckle ein Waffensammler? Gar Waffenhändler? Ja. Seine Waffen allerdings sind seine Beobachtungen zur Gesellschaft und ihrem Befinden, auch zum Weltgeschehen. Sie sind sein Nachdenken über menschliches Verhalten, sein Recherchieren zu Traditionen und Riten, zu Brauchtum und Handwerk. Gerne spielt er mit dieser Sammlung, zeigt, was damit alles gemacht werden kann. Er zeichnet, knetet, formt, malt, drückt, druckt, ritzt, schnitzt, stickt, schneidet, leimt, presst, giesst, bricht. Er handelt auch damit, vermittelt und verbreitet seine Schätze. Seine Munition ist der Humor, die Schärfe, das Leichtfüssige, die Ernsthaftigkeit. Er ist der Homo ludens, der im zunehmend prekären Weltgefüge immer mehr abhandenkommt. Spielend nähert er sich Gewaltvollem und Zerstörerischem quer durch die Kulturgeschichte der Menschheit und bannt es mit Geschichten, die liebenswürdig tollpatschig, antiheldenhaft und im Duktus von Dubuffet und Art brut daherkommen.
1994 geboren und in Flawil aufgewachsen, ist Felix Stöckle seit dem Bachelor-Abschluss im Bereich Kunst und Vermittlung an der Hochschule Luzern in Biel zuhause. Er fühlt dem Nerv unserer Zeit auf den Zahn, bohrt tiefer, zeigt das Fragile und Verletzliche, die Pistolen auf der Brust der Psyche, gefangen im Deadline-Gewitter. «Ich schaffe mit Ambivalenzen und verbinde scheinbare Gegensätze», so der Künstler zur Spannweite von hart und weich, Kunst und Waffe. Oder auch Digitalisat und Handwerk wie im vorliegenden Kunstblatt. Fehlerhaftes zieht er dem Perfekten vor und nutzt dazu neben den stilistischen Eigenheiten auch das Unkontrollierbare bei den künstlerischen Entstehungsprozessen. «In unserem von Perfektionismus geprägten Umfeld fehlt die Akzeptanz von Fehlern und Schwächen.» Felix Stöckle gibt Gegensteuer: «be fragile be strong be fragile». Ursula Badrutt